Fleisch-Kennzeichnung – Initiative Tierwohl in der Kritik

Abb: Logo der "Initiative Tierwohl"

Mit der Initiative Tierwohl wollten Handel, Produktion und Bauern die Massentierhaltung entschärfen. Nun zieht sich der Deutsche Tierschutzbund aus dem Projekt zurück.

Die Idee hinter der Initiative Tierwohl: Der Handel zahlt vier Cent pro Kilogramm verkauftem Schweine- oder Geflügelfleisch mit entsprechender Kennzeichnung in einen Fonds. Doch der könnte nun versiegen. Denn der Deutsche Tierschutzbund zieht sich aus der Initiative zurück, und das mit starken Vorwürfen: Die Initiative setze weiterhin auf Massenproduktion und biete dem Verbraucher auf absehbare Zeit keine Transparenz. Einfachste Maßnahmen wie eine Handvoll Stroh in den Schweineställen oder die Einhaltung des gesetzlichen Standards für Licht in Ställen seien für die Initiative bereits eine unüberwindbare Hürde. Damit ist die Glaubwürdigkeit samt Werbeeffekt dahin.

Die Gelder werden bislang an Landwirte ausgeschüttet, die in ihren Ställen bessere Haltungsbedingungen schaffen wollen als vom Gesetzgeber gefordert. Allerdings sieht das Siegel nicht vor, dass solche Betriebe oder ihre Waren besonders ausgezeichnet werden – auch das ein Kritikpunkt des Tierschutzbundes.

Abb: Schweine im Schweinestall
… die Schweineställe deutscher Mastbetriebe sehen nicht immer so gut aus …

Die wichtigsten Punkte der Kritiker:

◾ Intransparenz

Seit Anfang des Jahres schon fließen die vier Cent pro Kilo Fleisch in den Fonds. Welches Fleisch nun aber von teilnehmenden Betrieben kommt, kann der Kunde nicht erkennen. Ein Siegel oder eine andere Kennzeichnung wird es nicht geben. Viele kritisieren diese Intransparenz. „So ist keine Wahlfreiheit und keine Honorierung von mehr Tierschutz durch den Verbraucher möglich“, sagte zum Beispiel der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer der „taz“.

◾ Zu lasche Kriterien

Um teilnehmen zu können, müssen Betriebe den Antibiotikaverbrauch ihrer Tiere analysieren lassen, Tageslicht in den Ställen garantieren und jährlich das Stallklima überprüfen. Zusätzlich müssen sie sich für mindestens eine weitere Maßnahme entscheiden: Entweder bieten sie den Tieren zehn Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben oder „ständigen Zugang zu Raufutter“ wie Heu oder Stroh, mit dem sich die Tiere beschäftigen können. Entscheiden sich die Betriebe für noch mehr Maßnahmen, etwa für zusätzlichen Auslauf oder eine Liegefläche mit weicher Unterlage, bekommen die Bauern weitere Prämien pro Schlachttier. „Unser System ist sehr flexibel und lässt Spielraum für die unterschiedlichsten Arten von Engagement zu – ohne Existenzgrundlagen zu gefährden“, sagt Patrick Klein von Tierwohl. Doch gerade diese Niedrigschwelligkeit wird kritisiert. Die Maßnahmen gingen kaum über die gesetzlichen Vorschriften hinaus, heißt es. Zehn Prozent mehr Platz zum Beispiel bedeutet für eine 110-Kilo-Mastsau, der per Gesetz ein Quadratmeter zusteht, zusätzlichen Raum in der Größe eines Aktendeckels. Das Kastrieren ohne Betäubung oder das Beschneiden der Schwänze sind nach wie vor erlaubt.

◾ Zu wenig Geld im Fonds

85 Millionen Euro jährlich sollen für das Wohl von Schweinen und Geflügel zusammenkommen. Insgesamt haben sich die Supermärkte verpflichtet, 255 Millionen Euro bis Ende 2017 in den Fonds zu zahlen. Nach Angaben von Tierwohl reiche das, um jedes Jahr rund zwölf Millionen Schweine artgerechter zu halten – rund 20 Prozent der jährlich in Deutschland geschlachteten Tiere. Profitieren würden auch voraussichtlich 300 Millionen Hähnchen und 15 Millionen Puten. Ginge es jedoch nach den Bauern, würden mehr als doppelt so viele von ihnen bei der Initiative mitmachen. Rund 4600 Betriebe haben sich angemeldet und sind zu einem großen Teil sogar in Vorleistung gegangen. Doch statt den Fonds aufzustocken, entschied am Ende das Los darüber, welche Betriebe finanziell unterstützt werden – die anderen müssen warten. Pläne, die Abgabe von vier Cent zu erhöhen, gibt es nicht.

◾ Freiwilligkeit

Es ist ein beliebtes Mittel der Industrie, durch freiwilliges Engagement verpflichtende Gesetze zu verhindern. Tier- und Verbraucherschützer fordern darum strengere gesetzliche Vorgaben. Patrick Klein von der Initiative Tierwohl hält härtere Gesetze für „nicht notwendig“. Man sehe ja am Engagement der Bauern, dass es auch freiwillig gehe. Luise Molling von Foodwatch sieht das anders: „Mit vier Cent pro Kilo Fleisch kann man keine Wende bei der Tierhaltung bewirken, dafür aber einen großen Imagegewinn.“ Man gebe damit dem Verbraucher ein gutes Gefühl, so dass er guten Gewissens weiter das Pfund Fleisch für zwei Euro kauft, den Tieren bringe das fast nichts. „So lange die gesetzlichen Standards so sind wie sie sind, wird der Wettbewerb immer auf Kosten der Tiere gehen. Bei der Initiative geht es mehr ums Image und darum, Gesetze zu verhindern, als um eine nachhaltige Verbesserung.“

Quellen:

http://www.wiwo.de/technologie/green/biz/fleisch-kennzeichnung-handels-initiative-tierwohl-in-der-kritik/14566062.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/initiative-tierwohl-schweinerei-im-kuehlregal-a-1053463.html

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